Obwohl der internationale Frauentag seit 1921 gefeiert wird und 1975 offiziell zum Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frauen wurde, hatte es dieser Tag in jeder Hinsicht schwer, zumindest in West-Deutschland. Wie hieß es noch 1977 in der feministischen Zeitung Courage?: „Nichts gegen einen Feiertag, auch nicht gegen einen Frauentag. Nur muß er von denen, die gefeiert werden, bestimmt und gestaltet werden.“  Ein Seitenhieb auf die offizielle Feierpraxis der DDR und der SED.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass es in West-Deutschland auch Versuche gab, den internationalen Frauentag auf einen anderen Tag als den 8. März zu legen. Dabei können wir uns freuen, dass es nicht der 9. März geworden ist, denn dann müssten wir ihn mit dem Tag der Barbie-Puppe teilen, ganz zu schweigen von dem 19. Februar, dem Tag der Wimpern (initiiert von einer Firma für künstliche Wimpern) oder dem 1. Juni, dem Tag des Nagellacks (initiiert von einer Nagelstudiokette aus den USA). - Tage auf die wir leicht verzichten können, nicht aber auf den wiederbelebten Internationalen Frauentag.

Und so ist es sehr gut, dass - nach der Wiedervereinigung und einer Abstandspause - 1993 zum ersten Mal Frauengruppen in Ost und West begannen, diesen Tag wieder für den Kampf von (verlorenen) Frauenrechten zu nutzen. Besonders 1994 zum FrauenStreikTag erlebte der Internationale Frauentag ein politisches Comeback. Seitdem haben wir am 8. März eine große Auswahl an Demonstrationen, Vorträge und Feiern für Frauenrechte, und in Berlin einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag. Im letzten Jahr demonstrierten hier noch rund 12.000 Menschen in den unterschiedlichsten Konstellationen. In diesem Jahr werden viele Veranstaltungen in den digitalen Raum verlegt.  

Das macht den Kampf um die Frauenrechte nicht weniger wichtig: vom Recht auf politischer Teilhabe bis hin zu dem Recht auf Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt. Hier einige Beispiele wo es noch “hakt”: Obwohl alle Studien belegen (siehe Hinweise in diesem Link), dass die Teilnahme von Frauen und  Zivilgesellschaft an Friedensabkommen das Risiko eines Scheiterns um 64 % senkt und die Chance um 35 % höher ist, dass das Abkommen länger als 15 Jahre hält, gibt es immer noch zu wenig Frauen in Friedensverhandlungen. In Abrüstungsgesprächen machen sie noch nicht mal ein Viertel aus. Und das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit ist nicht zuletzt aufgrund der ökonomischen Krise, der ansteigenden häuslichen Gewalt und dem enormen Hass auf Frauen im Internet heute so aktuell wie eh und je.

Auch deshalb hat die EU die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter  2020 - 2025 vorgelegt, die all diese Aspekte mit berücksichtigt. Auch der Gender Action Plan im auswärtigen Handeln der EU liegt jetzt in seiner dritten Version vor (GAP III). Das Auswärtige Amt hat am 2. März 2021 den dritten deutschen Aktionsplan zu Women in Peace and Security vorgestellt.
Alle Strategien und Pläne sind wichtig, richtig und ihre Umsetzung ist noch wichtiger, denn wie sagen unsere englischen Freunde: The proof is in the pudding. Es kommt auf die finanziellen Mittel zur Implementierung an und auf das Managementsystem mit dem die Umsetzung und Fortschritte gemessen werden, und zwar für jeden Bereich der Strategien.

Schauen wir, ob wir am 8. Mai 2022 einen erfolgreichen Fortschrittsbericht der EU und deutschen Aktionspläne lesen können.

Euch allen einen interessanten 8. März und bitte bleibt gesund, das wünscht Euch
Eure Armgard

PS: Und wenn wir Glück haben, können wir unser WIIS.de-Sommerfest am 13. August 2021 feiern, das ist übrigens auch der internationale Prosecco-Tag ;-)